Abstracts

Leipziger KUBUS | Saal 1C

Michelini, Gabriela; Michel, Antje; Nölting, Benjamin; Awad, Laura & Ulrich, Saskia

Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) als unterschätzte Akteure der partizipativen und transdisziplinären Forschung - Fishbowl zu Praktiken und Profilierung partizipativer und transdisziplinärer Wissenschaft und Potenziale für die Vernetzung im Wissenschaftssystem

An HAW ist es gelebte Praxis, gemeinsam mit Praxispartner*innen aus Wirtschaft, Kommunen, Verwaltung und Zivilgesellschaft zu Forschen und zu Lehren. Dennoch ist weder die Forschung an HAW insgesamt noch ihr Beitrag zur partizipativen und transdisziplinären Forschung (tdF) systematisch untersucht. Somit bleibt ein Bereich gesellschaftlich relevanter Wissensproduktion im Schatten etablierter wissenschaftlicher Diskurse und unterhalb des Radars von Wissenschafts- und Forschungsförderung.
Das BMBF-geförderte Projekt „Transdisziplinäre Forschung an Hochschulen für angewandte Wissenschaften“ (TDR4HAW) untersucht tdF an HAW und adressiert ein doppeltes Defizit: die mangelnde Forschung über Forschung an HAW sowie das Fehlen eines gemeinsamen, wissenschaftlich tragfähigen Verständnisses partizipativer und tdF-Formen. Unsere Hypothese: An HAW wird Vieles, was partizipative und tdF ist, nicht explizit so konzipiert, durchgeführt oder reflektiert. Es fehlt an Austausch mit Universitäten und außeruniversitären Einrichtungen; wissenschaftstheoretische Impulse werden kaum rezipiert, und HAW-Erfahrungen finden selten Eingang in andere tdF-Kontexte.
In der Fishbowl führen wir diese Stränge zusammen, identifizieren Schnittstellen und schlagen Brücken. Ziel ist es einen Diskursraum zu schaffen, in dem Expert*innen und Publikum erste TDR4HAW-Ergebnisse diskutieren und gemeinsam ausloten, wie das Potenzial von HAW für partizipative und transdisziplinäre Forschung sichtbarer und wirksamer werden kann.
Aufbau:
Das Fishbowl vereint Vertreter*innen aus Wissenschaftseinrichtungen, Forschungsförderung, Hochschulpolitik, GTPF, td-Community, Praxis sowie Wissenschafts- und Hochschulforschung (vgl. Liste unten). Es folgen drei Fragerunden zu:
1) Forschungspraxis an HAW. Projekte an vier brandenburgischen HAW zeigen zahlreiche Praxiskooperationen – nicht alle formal td, aber Ausdruck einer spezifischen Forschungskultur. Wie lassen sie sich in partizipative und tdF einordnen, und welche Erkenntnisse entstehen daraus?
2) Drittmittelverteilung und Forschungsansatz. TDR4HAW-Daten zeigen: 2021–2023 erhielten HAW nur ca. 10 % der Drittmittel, Universitäten fast 90 %. Auch die Förderstruktur unterscheidet sich. Welche Maßnahmen können trotz dieser Diskrepanz das HAW-Potenzial für partizipative und tdF-Profilierung heben?
3) Netzwerkbildung und komplementäre Stärken. Hochschulstrategien zeigen, dass partizipative und tdF-Ansätze verstärkt, aber uneinheitlich in HAW-Profile einfließen. Wie kann die Vernetzung mit anderen Wissenschaftseinrichtungen Synergien und Kooperationen in der partizipativen/tdF beitragen?
Struktur: Halb-offenes Fishbowl-Format.
Zeitplan: 90-minütige Fishbowl-Diskussion mit sechs Plätzen, davon drei fürs Publikum. Moderation & Diskussion: TDR4HAW-Team.
Begrüßung & Einführung (10 Minuten)
Drei Diskussionsrunden (je 25 Minuten)
Abschluss & Ausblick (5 Minuten)“
Erwartete Outcomes:
· Bewusstsein schärfen für eine Leerstelle im Fachdiskurs partizipativer und tdF
· Vernetzung zwischen bislang getrennten Communities of Practice der tdF
· Impulse für die strategische Weiterentwicklung partizipativer Forschung an HAW

Leipziger KUBUS | Saal 1D

Hoffmann, Julia; Sontopski, Natalie & Berger, Arne

Anleitung für mehr-als-menschliche Interaktionen und Begegnungen

Outcome des Workshops:
Wir möchten mit diesem interaktiven Workshop Impulse in Hinblick auf Natur, Klima und Umwelt geben, indem sich Teilnehmer*innen aktiv mit partizipativen Methoden des More-Than-Human-Desigs (MTHD) auseinandersetzen. Im Sinne dieses Workshops verstehen wir Partizipation als wechselseitiges Lernerlebnis, Interaktion und Diskussion in der Auseinandersetzung mit Forschungs- und Lehrmethoden. Gleichzeitig eröffnet der Workshop Teilnehmer*innen die Möglichkeit sich ein eigenes, MTHD-Toolkit zusammenzustellen, in Diskussion und Praxis mit anderen Teilnehmer:innen auszuprobieren sowie sich an einem partizipativen, interdisziplinären Dialog zu beteiligen. Damit kann ein Grundgedanke mehr-als-menschlichen Designs in die Praxis umgesetzt werden: Eine Hinwendung zu nicht menschenzentriertem Handeln in unserer Arbeitspraxis sowie eine Wertschätzung anderer menschlicher und nicht-menschlicher Perspektiven.

Ablauf:
Der Workshop ist als interaktive Gruppenaktivität geplant, bei der sich alle Teilnehmenden aktiv beteiligen und austauschen können. Dazu ist der Workshop in vier Teile strukturiert. Die Teilnehmenden werden durch die Moderator:innen sowie ein Workbook mit Aufgaben und Informationen durch den Workshop geleitet.
Im ersten Schritt möchten wir einen kurzen Einblick in das Feld des MTHD geben und erläutern, warum es sich lohnen kann, die eigene Perspektive auf nicht-menschliche und mehr-als-menschliche Bedürfnisse und Herausforderungen zu zentrieren. In diesem Schritt werden wir kleine Arbeitsgruppen bilden und die Teilnehmenden bitten, innerhalb ihrer Gruppen ihren eigenen disziplinären Hintergrund anhand von drei Kernbegriffen vorzustellen.
Im zweiten Schritt werden die Forschungs- und Lehransätze des Noticing und De-Centering (Biggs et al. 2021; Nicenboim et al. 2023) durch Ausprobieren von verschiedenen Methoden des More-Than-Human-Designs vorgestellt und praktisch auf Eignung für die eigene Arbeit getestet. Dazu können Teilnehmende aus einem Methoden-Kartenset verschiedene Methoden wie Journaling, Sketching, Storytelling, Prototyping auswählen.
Im dritten Teil wird das Beachten von mehr-als-menschlichen Perspektiven durch ein Impuls-Kartenset eingeübt. Dazu wählen Teilnehmende eine oder mehrere Karten mit einer spezifischen Aufforderung oder Aufgabe aus wie beispielsweise „Ich nehme wahr, dass ….“ und kombinieren dieses mit einer von ihnen ausgewählten Methode innerhalb ihrer jeweiligen Gruppen.
Im finalen vierten Teil, der Retrospektive, haben Teilnehmende Zeit, ihre individuellen Erfahrungen miteinander zu teilen und vergleichen und anhand der folgenden Fragen zu diskutieren: Was habe ich über die Praxis der anderen gelernt? Woran hätte ich selbst nicht gedacht?
Daraus sollen zum Abschluss Hypothesen für partizipative Zusammenarbeit basierend auf Stärken in mehr-als-menschlichen Begegnungen abgeleitet werden und eine Anerkennungskultur für verschiedene disziplinäre Formen der wissenschaftlichen Reflexion gefördert werden.

Leipziger KUBUS | Saal 2B

Soßdorf, Anna; Langer, Felix & Rzepucha-Hlubek, Katharina

Was ist Citizen Social Science? - World-Café zu Begriffen, Zielgruppen und Methoden

Citizen Science als offener und partizipativer Ansatz erhält zunehmende Anerkennung in den Bereichen Wissenschaft, Politik und Bildung sowie auch der Gesellschaft (Vohland et al. 2021). Es ist ein wachsendes Forschungsfeld, was insbesondere durch die Anwendung in verschiedenen Forschungsbereichen charakterisiert ist (Vohland et al. 2021). Dennoch ist ein Großteil der Citizen Science Projekte insbesondere im naturwissenschaftlichen Bereich angesiedelt, gefolgt von Projekten in historischen Disziplinen (Pettibone et al. 2017; Vohland et al. 2021). Citizen Science weist einen vielfältigen und facettenreichen Charakter auf, der sich auch auf die Anwendung im sozialwissenschaftlichen Bereich erstreckt, verstanden als „Citizen Social Science“ (Pettibone et al. 2017; Vohland et al. 2021;). Ebenso wie bei dem Begriff „Citizen Science“ gibt es auch für die „Citizen Social Science“ keine einheitliche, präzise Definition und eine Vielzahl von Auffassungen (Vohland et al. 2021).

Vor diesem Hintergrund bietet der Workshop eine praxisnahe Auseinandersetzung zu drei Schwerpunkten.

1. Zunächst wollen wir uns zu den verbreiteten Begriffsverständnissen und Abgrenzungen verständigen. Welche Definitionen gibt es? Wann sprechen wir von Citizen Social Science? Welche Bedingungen müssen solche Projekte erfüllen?

2. Weiterhin sollen Zielgruppen zum Thema werden: Wer kann oder soll mitforschen? Wie unterscheiden sich Mitforschende und Untersuchungsgruppen und welche Rollen haben diese beiden Gruppen? Wie kann die Ansprache und Kommunikation mit Beteiligten in Citizen Social Science gestaltet werden?

3. Schließlich sollen innovative Forschungsmethoden jenseits des üblichen sozialwissenschaftlichen Spektrums diskutiert werden: Wie kann partizipative Forschung jenseits etablierter Formate aussehen? Welche neuen Wege der Einbindung und Kooperation lassen sich denken und erproben?

Als methodisches Setting wollen wir eine interaktive Fishbowl-Diskussion mit eingeladenen Expert:innen zum Thema umsetzen (Justus Henke, Universität Halle und Claudia Göbel, Universität Mainz). Die Diskussion wird mit kurzen, zuvor vorbereiteten Impuls-Slides zu unterschiedlichen Fragestellungen geleitet. Die Teilnehmenden sind eingeladen, aktiv in die Diskussion einzusteigen, Perspektiven zu teilen und Erfahrungen auszutauschen. Dabei werden zentrale Ergebnisse von einer Person des Moderationsteams – aber auch gerne kollaborativ mit den Teilnehmenden des Workshops – auf einem Miro-Board festgehalten und anschließend in einem Wrap-Up präsentiert.

Literatur:

Pettibone, Lisa, Katrin Vohland und David Ziegler. 2017. Understanding the (inter)disciplinary and institutional diversity of citizen science: A survey of current practice in
Germany and Austria. PLoS ONE 12, Nr. 6: 1–16

Vohland, Katrin, Anne Land-Zandstra, Luigi Ceccaroni, Rob Lemmens, Josep Perelló, Marisa Ponti, Roeland Samson und Katherin Wagenknecht. 2021. The Science of Citizen Science. Cham: Springer Nature Switzerland AG.

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