Zeit:
Mittwoch, 12.11.2025
17:00 – 18:30 Uhr
Interaktive Workshops 2
Leipziger KUBUS | Saal 1C
Was tun, wenn es knirscht – Bietet eine andere Perspektive neue Wege?
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Leipziger KUBUS | Saal 2B
Barcamp zum Leitfaden Partizipation in der Forschung – Chancen, Herausforderungen und neue Entwicklungen für Partizipation in der Forschung
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Leipziger KUBUS | Raum 112
Liebsch, Heike; Flemming, Eva & Schmiedgen, Susann
Wochenkrippenkinder – Eine partizipative Forschungsgeschichte
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Abstracts
Leipziger KUBUS | Saal 1C
Meese, Lukas; Mey, Franziska & Ebersbach, Benita
Was tun, wenn es knirscht - Bietet eine andere Perspektive neue Wege? - Verschiedene Perspektiven auf gesellschaftliche Herausforderungen in der Energiewende und die Frage, wie Beteiligung durchgeführt werden muss, um diese konfliktfreier zu gestalten.
Viele gesellschaftlich relevante Themen in Deutschland sind derzeit stark polarisiert – so auch die Energiewende, insbesondere wenn es um die Errichtung neuer Windenergie- und Solaranlagen geht. Genau an diesem Punkt setzt unser Workshop an. In unserem interaktiven Format wollen wir die Teilnehmenden einladen, verschiedene Perspektiven in diesem Konfliktbereich einzunehmen. Der beschleunigte Ausbau erneuerbarer Energien – insbesondere Windenergie – ist zentral für das Erreichen der Klimaziele und die Sicherung einer nachhaltigen Energieversorgung. Gleichzeitig führt dies vermehrt zu Nutzungskonflikten auf lokaler Ebene: Flächen sind begrenzt, Interessen vielfältig (Schönauer & Glanz, 2023). Die Ablehnung von Windenergie kann jedoch nicht auf eine generelle negative Einstellung der deutschen Bevölkerung gegenüber Windenergie zurückgeführt werden: In einer repräsentativen Panelbefragung berichten 83 % eine neutrale bis positive Einstellung gegenüber Windenergieanlagen vor Ort (Wolf et al., 2022). Im Fokus stehen vielmehr Fragen der Mitbestimmung, prozeduralen und distributiven Gerechtigkeit, Akzeptanz und einer fairen Abwägung zwischen Klimaschutz, Naturschutz, wirtschaftlichen Chancen und Lebensqualität vor Ort (Langer et al., 2017; Renn et al., 1996; Schönauer & Glanz, 2023). Häufig scheitert die Umsetzung an mangelnder Kommunikation und fehlender Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Perspektiven: Projektierer:innen begegnen Bürgerinitiativen oft mit Sorge, Bürgermeister:innen fehlt es an Mitsprachemöglichkeiten, Bürger:innen fühlen sich übergangen und nicht ernst genommen (Zilles et al., 2022).
In diesem Workshop wollen wir den Teilnehmenden die Möglichkeit geben, sich anhand eines Planspiels, in dem ein fiktives Windparkprojekt simuliert wird, in die Rolle verschiedener Stakeholder und deren Interessen hineinzuversetzen. Dabei ist keinerlei themenspezifisches Fachwissen notwendig. Alle wichtigen Informationen werden im Rahmen des Planspiels erläutert und sind für die Teilnehmenden leicht zugänglich aufbereitet. Der Fokus soll auf der Übernahme von Perspektiven verschiedener gesellschaftlicher Akteur:innen aus Zivilgesellschaft (Bürger:innen), Kommunalpolitik (Bürgermeister:in) und Wirtschaft (Projektentwickler) in einem lokalen Windenergieprojekt liegen. Dabei sollen die Teilnehmenden explizit in eine für sie fremde Rolle schlüpfen und anhand der Leitfragen in der Kleingruppenarbeit unterschiedliche Interessen, Motivationen und Ziele dieser Rollen definieren und diskutieren. Im Hinblick darauf, wie diese unterschiedlichen Interessen miteinander vereinbart und Konflikte gelöst werden können, wird oft auf verschiedene Formen von Beteiligung und ihren unterschiedlichen Wirkungen verwiesen (Baasch & Blöbaum, 2018; Schönauer & Glanz, 2023).
Zum Abschluss werden wir die Ergebnisse aus der Gruppenarbeit mit Forschungsergebnissen, die im Rahmen des BePart-Projekts gewonnen wurden, reflektieren und Schlussfolgerungen für die Praxis ableiten.
Leipziger KUBUS | Saal 2B
Schrögel, Philipp; Enzingmüller, Carolin; Meyer, Kathrin; Semrau, Jana & Behrisch, Birgit
Barcamp zum Leitfaden Partizipation in der Forschung - Chancen, Herausforderungen und neue Entwicklungen für Partizipation in der Forschung
Das Feld für Partizipation in der Forschung ist geprägt von einer großen Vielfalt an partizipativen Ansätzen und Communities. Gleichzeitig gibt es aber auch eine Vielzahl an Herausforderungen, Möglichkeiten und Gestaltungsoptionen, die sich für alle Ansätze gleichermaßen stellen. Der im vergangenen Jahr im Projekt PartWiss in einem kollaborativen Prozess mit mehr als 150 Beteiligten aus verschiedenen Partizipationscommunities ausgearbeitete Leitfaden für Partizipation in der Forschung soll einen übergreifenden Einblick bieten und Anregungen geben. Er richtet sich an alle, die sich mit partizipativen Projekten befassen. Ziel des Leitfadens ist es, zu inspirieren, praktische Hilfestellungen anzubieten und eine Orientierung in der Begriffsvielfalt zu geben. Er ist modular gestaltet und vereint auf 61 Karten weiterführende Materialien zu unterschiedlichen Ansätzen für Partizipation in der Forschung sowie grundlegende Gestaltungsaspekte.
Im Workshop nutzen wir den Leitfaden als Anregung für die Diskussion im Format eines Barcamps. Insbesondere die zentralen Aspekte in zehn Handlungsfeldern, die im zweiten Teil des Leitfadens aufgeführt sind, dienen als Ausgangspunkt für Diskussionen, z.B. Überlegungen zu den beteiligten Akteur:innen, Methoden und Formaten oder ethischen Aspekten. Ziel ist es, gemeinsam mit verschiedenen Partizipations-Communities übergreifend aktuelle Chancen und Herausforderungen für Partizipation in der Forschung zu diskutieren, neue Entwicklungen im vergangenen Jahr zu identifizieren und die im Leitfaden gebündelten Aspekte und Hinweise zu reflektieren.
Zu Beginn des Barcamps wird der Leitfaden mit den zehn Handlungsfeldern kurz vorgestellt – er ist digital einsehbar und liegt vor Ort als Kartensets aus. Die Teilnehmenden sind dann eingeladen, konkrete Fragestellungen oder spezifischen Austauschbedarf zur Diskussion vorzuschlagen (pitchen). Alle Teilnehmenden des Barcamps stimmen dann darüber ab, welche Themen anschließend in Kleingruppen diskutiert werden. Somit gestalten die Teilnehmenden den Workshops selbst partizipativ nach ihren Interessen und Ideen. Ergänzend zum klassischen rein selbstorganisierten Barcamp-Format stehen Moderator:innen für die Begleitung der Diskussionen in den Kleingruppen zur Verfügung, die inhaltliche Verantwortung liegt aber weiter bei den Vorschlagenden und den Teilnehmenden selbst. Die Kleingruppen-Diskussionen sind in zwei Runden jeweils mit mehreren Themen organisiert.
Die Kleingruppen halten Kernpunkte ihrer Diskussionen auf Flipcharts fest. Zum Ende des Barcamps fasst eine kurze Blitzlicht-Runde im Plenum Eindrücke aus allen Kleingruppen zusammen. Eine aufbereitete Version der Dokumentation wird im Anschluss auf der Webseite des Leitfadens veröffentlicht.
Leipziger KUBUS | Raum 112
Liebsch, Heike; Flemming, Eva & Schmiedgen, Susann
Wochenkrippenkinder - Eine partizipative Forschungsgeschichte
Von 1949 bis 1992 gab es auf dem Boden der DDR ein umfangreiches Fremdbetreuungssystem für Kinder im Alter zwischen 6 Wochen und 7 Jahren. Im Gegensatz zur bekannten Tagesbetreuung waren die Kinder in den Wocheneinrichtungen durchgängig Tag und Nacht fremduntergebracht, ohne dass dafür eine soziale Indikation zum Schutz der Kinder bestand. Die Motivation für diese umfangreiche Fremdbetreuung war ökonomisch begründet mit dem Ziel, die Mütter als Arbeitskräfte freizusetzen. Für die Kinder führte diese frühe Trennungserfahrung oft zu lebenslangen Problemen.
Erst 20 Jahre nach dem Ende des Wochenkrippensystems der DDR begannen Wissenschaftlerinnen im Alter von über 50 Jahren, die selbst ehemalige Wochenkinder waren, selbstgesteuert mit der Erforschung dieser Institution. Bis dahin gab es kein wissenschaftliches Interesse an diesem Thema. Die ersten Untersuchungen zu den Wochenkindereinrichtungen waren demnach Peergeleitet und rein privat initiiert und finanziert. Sie erfolgten vorrangig in den Bereichen Erziehungswissenschaft und Sozialgeschichte. Diese Untersuchungen ergaben, dass mehrere hunderttausend Kinder in dieser Betreuungsform aufgewachsen sind. Die Ergebnisse wurden durch die Medien bekannt und lösten im Bereich der Psychologie weitere Forschungsinitiativen aus, die eng mit den Betroffenen verbunden sind. Durch diese Forschung veränderte sich die öffentliche Wahrnehmung. Sie schafft ein Problembewusstsein im medizinisch-psychologischen Hilfesystem, was den Betroffenen direkt zu Gute kommen kann.
Im Rahmen des workshops soll die Bedeutung eigeninitierter Forschung ebenso diskutiert werden wie die Notwendigkeit, einer engen Verbindung zwischen Forschung und Betroffenenpartizipation für die praxisbezogene Nutzung der Ergebnisse im Bereich der Gesundheitsversorgung. Desweiteren werden die Forschungsergebnisse in Bezug zur aktuellen Diskussion der Kleinkindbetreuung gesetzt.
