Thematische Session 2.3

Mensel, Leo

Von Forschen zu Fordern - Wie können Erkenntnisse aus partizipativer Wissenschaft zum Handeln anregen?

Ab wann inspiriert Wissen zum Handeln? Die Session „Von Forschen zu Fordern“ soll eine Brücke bauen zwischen ziviler Datenerhebung und zivilem Ungehorsam. Was müssen wir noch wissen, um handlungsfähig zu werden, und wann wurde schon genug geforscht? Dafür werden Speaker:innen aus unterschiedlichen Bereichen eingeladen, um ihre Expertise und Gedanken zu Handlungsfähigkeit durch partizipative Forschung zu teilen.

Durch bewegte Dialoge und World Cafes können Teilnehmende auf Fragen eingehen, wie:
– Was ist der korrekte Umgang mit handlungsbereiten Bürgerforschenden?
– Wie verändern sich Transferformate je nach regionalen Gegebenheiten?
– Welche Rolle spielt Empowerment?

Ziel des Workshops ist es, gemeinsam eine Definition von Handlungsfähigkeit zu entwickeln und die eigene Rolle in Forschung, Projektmanagement und Wissenschaftskommunikation kritisch zu reflektieren.

Abstracts

Pfeiffer, Ellen & Wehn, Uta

more4nature im Umweltrecht: Kooperationsformen zwischen Citizen Science und Behörden gestalten

Zivilgesellschaftliche Beiträge zur Umsetzung und Durchsetzung vom umweltpolitischen Zielen und umweltrechtlichen Vorgaben können vielfältige Formen annehmen. Die Bandbreite reicht von Messung relevanter Umwelttrends durch Citizen Science, über Beobachtung von Verstößen in Echtzeit, bis zu einer direkten Rolle im Vollzug des Umweltrechts durch zivile Klagen. Insbesondere das Verhältnis zwischen zivilen Akteuren, gesetzgebenden Institutionen und Vollzugsbehörden bestimmen das Wirkungspotenzial solcher Beiträge. Faktoren wie die rechtlichen Rahmenbedingungen für Partizipation, die Motivation und Einstellung der betroffenen Individuen and Organisationen, sowie vorhandenes Wissen und Kapazitäten beeinflussen die Möglichkeiten und speziellen Herausforderungen im jeweiligen Kontext. Rollen- und Interessenkonflikte, sowie ein ausgeprägtes Machtgefälle zwischen den Akteuren generieren zusätzliche Komplexität, da Vollzugsbehörden nicht nur Partner, sondern auch Ziel zivilgesellschaftlicher Handlung sein können. In einem Action Research Projekt mit 20+20 Fallstudien untersucht more4nature wie zivilgesellschaftliche Initiativen strukturell in die Verbesserung der Einhaltung des nationalen, europäischen and internationalen Umweltrechts einbezogen werden können. Der more4nature Ansatz dient sowohl als Rahmenmodell, um eine gegebene Situation konzeptionell zu erfassen, als auch als Grundlage für die aktive Gestaltung neuer Beziehungen zwischen Behörden und Zivilgesellschaft. Die Präsentation gibt einen Überblick über die Landschaft der Möglichkeiten für Kooperation zwischen Behörden und Zivilgesellschaft, illustriert mit Beispielen aus den laufenden Fällen der more4nature Projekt-Partner.

Plessing, Julia

Resonanzräume: Wissen(schaft) für die Transformation?

Wie produziere ich relevantes Wissen für politische Entscheidungsträger? Und wie erreicht das Wissen zentrale Akteure und Zielgruppen? Mit den Resonanzräumen hat das Deutsch-Französische Zukunftswerk am RIFS einen bottom-up, transdisziplinären und binationalen Forschungsansatz erprobt, um Antworten auf diese Fragen zu finden. 1) Dafür hat es mit lokalen Akteuren Hebel und Hürden sozial-ökologischer Transformation in Kommunen beider Länder analysiert und auf dieser Basis 60 Expert:innen aus Verwaltung, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft in einen sechsmonatigen Arbeitsprozess gebracht. Dessen Ziel war es, Handlungsempfehlungen an die Regierungen in Deutschland und Frankreich zu entwickeln. Zentral dabei: die entwickelten Handlungsempfehlungen sind evidenzbasiert, beinhalten konkrete Aktionsvorschläge und arbeiten den systemischen Zusammenhang zwischen lokaler Praxis und nationalen Rahmenbedingungen heraus. Die Forschenden nehmen im Prozess eine zentrale Rolle ein: Sie gestalten das Prozessdesign, forschen vor Ort, steuern die Stakeholderauswahl, moderieren die Dialoge, und veröffentlichen neben den Handlungsempfehlungen vertiefende Studien. 2) In einer Transferphase hat das Zukunftswerk die Empfehlungen und Wissenspakete in parlamentarische Gremien, Konferenzen und Fachausschüsse eingebracht. Die Mitglieder der Resonanzräume agierten dabei als zentrale Multiplikator:innen und Türöffner. Somit sind Resonanzräume nicht nur Instrumente der Wissensproduktion sondern auch des Wissenstransfers in die Politik. Dieser Fachvortrag erläutert die Chancen und Herausforderungen sowie die Möglichkeiten der Weiterentwicklung dieses vielversprechenden Forschungs- und Dialogansatzes.

Rothenberger, Liane & Berger, Priscila

Der Bauhof im Mittelpunkt kommunaler Nachhaltigkeitskommunikation: Erkenntnisse eines inter- und transdisziplinären Beteiligungsprojekts

Der Vortrag stellt das interdisziplinäre Transferprojekt zur nachhaltigen Entwicklung von Kleinstädten „Kleine Kommune, große Wirkung“ vor. Anders als in der traditionellen Nachhaltigkeitskommunikation, in der häufig die Medienberichterstattung zu Umwelt- und Klimathemen fokussiert oder in Bezug auf eine Organisation oder Marke kommuniziert wird, stellt das Projekt eine lokale Akteursgruppe – die Mitarbeitenden des Bauhofs – in den Mittelpunkt. Im Projekt arbeiten Sozial- und Organisationspsychologie, Europäische Ethnologie, Kunstpädagogik und Journalistik in Kooperation mit der Kleinstadt Eichstätt sowie dem umgebenden ländlichen Flächenlandkreis in Kooperation mit drei kommunalen Bauhöfen zusammen. Obwohl Bauhöfe über ein breites Aufgabenspektrum (Entsorgung, Grünflächen etc.) verfügen, das die Vielfalt und Komplexität des kommunalen Zusammenlebens widerspiegelt, stehen sie bislang nicht im Fokus der transformativen Nachhaltigkeitspraxis und -forschung. Aufgrund ihrer großen Nähe zur regionalen Bevölkerung wirken sie weit in verschiedene Bereiche des öffentlichen Lebens hinein, wodurch ihnen ein hohes Wirkungspotenzial und eine wichtige gesellschaftliche Transformations- und Multiplikatorfunktion zukommt. Wir präsentieren, wie die Disziplinen innovativ Daten zusammengetragen haben, um zu erforschen, inwieweit Nachhaltigkeit Teil der Praktiken (Mission) und Ziel der weiteren Entwicklung des Bauhofs (Vision) ist und wie diese in einer öffentlichkeitswirksamen und partizipativ mit den Bauhöfen entwickelten Kampagne kommuniziert werden, um die Bevölkerung nicht nur zu informieren, sondern auch an Transformationsprozessen zubeteiligen.

Jende, Robert

Die anstiftung als aktionsforschender Akteur zwischen Bewegungsnähe und wissenschaftlicher Distanz

Die anstiftung ist eine gemeinnützige Stiftung, die nicht-kommerzielle Räume und Netzwerke des Selbermachens – wie urbane Gemeinschaftsgärten, offene Werkstätten und Reparatur-Initiativen – fördert, vernetzt und erforscht. Ihre Arbeit zielt darauf ab, gesellschaftliche Transformation hin zu einer gerechteren und ökologisch nachhaltigen Gesellschaft zu unterstützen.
Der Fachvortrag beleuchtet die spezifische Ausrichtung der anstiftung als aktionsforschender „Think Tank“. Ein Spezifikum der soziologischen Forschung ist die Nähe zu den untersuchten Projekten des Selbermachens, mit denen sie inhaltlich sympathisiert, während sie gleichzeitig wissenschaftliche Belastbarkeit anstrebt; die vorhandene Nähe also reflektiert und methodisch kontrolliert. Dies ermöglicht es der anstiftung, gegenseitiges Lernen und den Dialog zwischen zivilgesellschaftlichen Akteuren, Forschenden und Verwaltungen zu fördern, wodurch unterschiedliche Gruppen der Gesellschaft eingebunden werden. Durch die praxisorientierte Begleitung und Vernetzung der Reparatur- und Gartenbewegung wird die Perspektive der Akteure zum Bestandteil des Forschungsprozesses, was zu deren Empowerment, Sichtbarkeit und gesellschaftlicher Relevanz beiträgt. Innerhalb der Projekte, die einen maßgeblichen Beitrag zur Gestaltung konkreter Lebenswelten leisten, lassen sich Praktiken einer Demokratie als Lebensform (John Dewey) rekonstruieren, die in die Praxis zurückgespiegelt werden. Dieser responsive Forschungsansatz agiert im Spannungsfeld zwischen akteurszentrierter Nähe und wissenschaftlicher Distanz. Für den Fachvortrag werden Interviews mit den Praxisberater*innen und ggf. der wissenschaftlichen Leitung der anstiftung ausgewertet.

Roose, Ilka & Krüth, Katharina

Transformationswissen durch Transferformate. Erfahrungen aus der Umsetzungsphase von Hochschulen-Praxis-Kooperationen

Im Verbund InNoWest bündeln wir, die Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE), die Fachhochschule Potsdam (FHP) und die Technische Hochschule Brandenburg (THB) unsere Kompetenzen und treten gemeinsam in Kooperation mit lokalen Partner*innen aus Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Durch diese enge transdisziplinäre Zusammenarbeit mit der Praxis bauen wir System- und Zielwissen für eine nachhaltige Regionalentwicklung und Digitalisierung im ländlichen Raum Nordwest-Brandenburgs auf.
Als Hochschulen für Angewandte Wissenschaften liegt uns jedoch darüber hinaus insbesondere die Umsetzung praktischer Lösungen als Prototypen, Anwendungsfälle, Modellprojekte etc. in der Projektregion mit der Praxis und für die Praxis am Herzen. Durch unsere Transferformate möchten wir daher das für eine nachhaltige Entwicklung dringend notwendige Transformations- bzw. Umsetzungswissen erzeugen.
In diesem Lightning Talk zeigen wir, mit welchen Methoden wir die Erfahrungen aus unseren Transferprojekten und der transdisziplinären Vorgehensweise reflektieren und auswerten. Durch einen Vergleich unserer thematischen Schwerpunkte Umbauen, Digitalisierung und Partizipation richten wir unseren Blick explizit darauf, mit welchen Strategien und Maßnahmen wir das gemeinsame Gestalten und Umsetzen von Transfer mit regionalen Praxispartner*innen erreichen und zeigen an welchen Punkten wir bei den Projekten von InNoWest auf Herausforderungen stoßen.

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