Thematische Session 1.4

Dietrich, Peter & Liang, Christine

Die Rolle der Technologie in der Bürgerwissenschaft

In dieser Session wird die Rolle der Technologie (z. B. mobile Sensoren und Überwachungsplattformen) in der Bürgerwissenschaft und der partizipativen Forschung untersucht. Wir freuen uns über Präsentationen zu zugänglichen Datenerfassungsinstrumenten, die es Bürgerwissenschaftler:innen ermöglichen, ihre lokale Umwelt zu beobachten, ein größeres öffentliches Engagement zu fördern und datengestützte Entscheidungsfindung zu unterstützen. Die Projekte können zum Beispiel die erfolgreiche Integration von Sensornetzwerken, mobilen Anwendungen oder gemeinschaftsbasierten Überwachungsplattformen demonstrieren, die es ermöglichen, wertvolle Erkenntnisse beizusteuern und gleichzeitig die wissenschaftliche Forschung zu verbessern. Wir laden die Teilnehmer:innen auch dazu ein, Defizite wie Herausforderungen in Bezug auf Datenqualität, Datenschutz und Nachhaltigkeit zu diskutieren. Durch die Kombination von innovativen technologischen Lösungen und kollaborativen Methoden soll diese Sitzung Forscher:innen und Bürgerwissenschaftler:innen gleichermaßen dazu inspirieren, Technologien für integrativere, skalierbare und wirkungsvolle Bürgerforschungsprojekte zu nutzen.

Abstracts

Bremer, Judith & Azzola, Jérôme

Von der Kontroverse zur Zusammenarbeit: Seismisches Monitoring in Geothermieprojekten

Geothermieprojekte stoßen häufig auf Skepsis in der Bevölkerung – insbesondere im Hinblick auf mögliche Umweltrisiken wie induzierte Seismizität. Um Vertrauen zu schaffen und den Dialog zu fördern, setzen wir auf partizipative Formate, die Forschung und Gesellschaft miteinander verbinden. Im Zentrum steht ein Plug-and-Play-Sensor, der nicht nur seismische Daten erfasst, sondern als Medium für Wissensvermittlung und Beteiligung dient. Er ermöglicht Bürger*innen, eigene Messungen durchzuführen und sich aktiv mit der Technologie auseinanderzusetzen.
In Marktplatzsituationen, in Schulprojekten, Rollenspielen, partizipativem Monitoring und Co-Design-Prozessen wird der Sensor zum Ausgangspunkt für gemeinsames Lernen, Forschen, Gestalten und Überwachen. So entstehen niedrigschwellige Zugänge ebenso wie komplexe Projekte. Zwei im Aufbau befindliche Geothermie-Forschungsinfrastrukturen, die Forschungsbohrung DeepStor und das Felslabor GeoLaB, bieten hierfür Forschungsplattformen und reale Anwendungsräume. Der Sensor wird zum Werkzeug, um mit Menschen in den Dialog zu kommen, Faszination für Geowissenschaften zu wecken, Transparenz zu schaffen, und neue Formen der partizipativen Überwachung von Geothermieprojekten zu erproben. Dabei steht immer im Zentrum, den Bürger*innen eine aktive Rolle zu geben und eigene Erfahrungen zu ermöglichen. Die ersten Projekte zeigen ein vielversprechendes Potential, einen technischen Sensor und dialogorientierte Formate zusammen zu bringen, um zukünftig aus einer kontroversen erneuerbaren Technologie ein gemeinsames Forschungsprojekt zu machen.

Soßdorf, Anna

Besser mitforschen durch KI? – Erkenntnisse zu Rahmenbedingungen, Kompetenzen und Rollen beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz in Citizen-Science-Projekten ti

Künstliche Intelligenz (KI) spielt in Citizen-Science-Projekten zunehmend eine Rolle, da sie das Potenzial hat, wissenschaftliche Prozesse zu beschleunigen und neue Erkenntnisse zu ermöglichen. Gleichzeitig stellt sie neue Anforderungen an Kompetenzen, Rollenverteilung und partizipative Prozesse. Für die Wissenschaft bedeutet dies, Effizienz und Datenqualität zu steigern sowie neue Forschungsfragen bearbeiten zu können. Auch für die Gesellschaft eröffnet sich die Chance, verstärkt an Forschung mitzuwirken, Wissen demokratischer zu verteilen und gesellschaftliche Interessen in technologische Entwicklungen einzubringen.

Vor diesem Hintergrund präsentieren wir in unserem Vortrag zentrale Ergebnisse einer Mixed-Method-Studie, die von Mai bis Oktober 2025 zu Citizen-Science-Projekten auf der Plattform mit:forschen! durchgeführt wird. Ziel der Studie ist es, die aktuelle und potenzielle Rolle von Künstlicher Intelligenz (KI) in Citizen-Science-Projekten zu erfassen. Dafür werden qualitative Interviews sowie eine Online-Befragung mit Projektverantwortlichen durchgeführt. Im Fokus stehen Fragen zur Nutzung von KI, den damit verbundenen Veränderungen, sowie Chancen und Herausforderungen beim Einsatz dieser Technologien. Ebenso geht es darum, welche Kompetenzen für Citizen Scientists künftig relevant sind, wie sich Aufgabenfelder verschieben, und welche Rahmenbedingungen förderlich oder hemmend wirken könnten.

Vogel, Annika; Meyer, Markus & Arndt, Verena

Akquise von Citizen Scientists für Projekte mit Naturschutzbezug – wie gut eignen sich bestehende Outdoorplattformen?

Das MeineWaldKI-Projekt untersucht, ob die Öffentlichkeit in Waldmonitoring einbezogen werden kann. Dies soll u.a. durch den Einsatz App-basierter KI geschehen (Marktplatzbeitragseinreichung von Verena Arndt). Für Citizen Science-Projekte wie dieses ist langfristige Beteiligung der Teilnehmenden entscheidend. Deshalb wird für MeineWaldKI derzeit untersucht, ob sich eine Kooperation mit Outdoor-Plattformen mit einer bereits bestehenden Community an Menschen, die sich gern in der Natur aufhalten, für die Akquise von Projektteilnehmer:innen eignet. Für diese neue Methode der Datenerhebung wurde auf der Outdoor-Plattform Outdooractive eine Challenge angeboten, für die Fotos von Waldstrukturen gemacht werden sollten. Anschließend wurden Teilnehmer:innen zu Motivation, Teilnahmeverhalten, und Interesse an weiteren Aufgaben befragt. Basierend darauf wird eine zweite Challenge angeboten, welche ebenfalls anhand einer Umfrage analysiert wird. Vorläufige Ergebnisse zeigen, dass viele Teilnehmer:innen noch nie als Citizen Scientists aktiv waren, prinzipiell jedoch daran interessiert sind. Viele erkennen den schlechten Waldzustand und wollen Waldzustandsforschung unterstützen, würden aber eher an Projekten teilnehmen, wenn diese bei Outdooractive angeboten werden, und nicht über eine projekteigene Plattform. Diese Studie hilft Wege zu identifizieren, neue Zielgruppen zu erschließen und Teilnehmer:innenzahlen zu erhöhen. Zugleich wird deutlich, dass eine stärkere Konsolidierung der Apps und auch der individuellen Citizen Science-Projekte notwendig ist, um Bürgerwissenschaftler:innen weiterhin für eine Teilnahme zu motivierten.

Liang, Christine; Dietrich, Peter; Herrmann, Thora; Lépy, Elise; Lion, Victor; Papakonstantinou, Apostolos & Oppelt, Natascha

Building resilience in marine pollution control with Arctic communities using technological methods

The Arctic experiences disproportional environmental degradation and risks to communities due to climate change and pollution. The ICEBERG project (Innovative Community Engagement for Building Effective Resilience and Arctic Ocean Pollution-Control Governance in the Context of Climate Change), funded by the European Union, is a multidisciplinary initiative that investigates the types, sources, distributions, and impacts of marine pollution on ecosystems and coastal communities across the European Arctic. This talk explores how ICEBERG integrates innovative technologies, notably a community-based interactive pollution monitoring platform, drones, and timelapse cameras to enhance its citizen science activities in several impactful ways: 1) beach litter surveys and real-time observations can be made of community-identified hotspots, 2) a centralised interactive online platform provides a means for citizen scientists in three field sites (Iceland, Svalbard and Greenland) to upload their observations, view their data, identify patterns, exchange knowledge and contribute to scientific research, 3) tailored hands-on training workshops and tutorials empower participants to develop and use new technical skills. The talk will also highlight innovative strategies employed to empower citizens, foster transregional collaboration, and ensure that diverse perspectives shape the project’s outcomes.

Stärkung der Widerstandsfähigkeit bei der Kontrolle der Meeresverschmutzung mit arktischen Gemeinden durch den Einsatz technologischer Methoden
Kurztitel: Citizen Science-Technologie in arktischen Gemeinden
Die Arktis ist aufgrund von Klimawandel und Umweltverschmutzung einer unverhältnismäßigen Umweltzerstörung und Gefährdung der Bevölkerung ausgesetzt. Das von der Europäischen Union geförderte ICEBERG-Projekt (Innovative Community Engagement for Building Effective Resilience and Arctic Ocean Pollution-Control Governance in the Context of Climate Change) ist eine multidisziplinäre Initiative, die Arten, Quellen, Verteilungen und Auswirkungen der Meeresverschmutzung auf Ökosysteme und Küstengemeinden in der europäischen Arktis untersucht. Dieser Vortrag untersucht, wie ICEBERG innovative Technologien, insbesondere eine gemeinschaftsbasierte interaktive Plattform zur Überwachung der Verschmutzung, Drohnen und Zeitrafferkameras, integriert, um seine Citizen-Science-Aktivitäten auf verschiedene wirkungsvolle Weise zu verbessern: 1) Es können Strandmüllerhebungen und Echtzeitbeobachtungen von von der Gemeinschaft identifizierten Hotspots durchgeführt werden, 2) eine zentrale interaktive Online-Plattform bietet Bürgerwissenschaftlern an drei Standorten (Island, Spitzbergen und Grönland) die Möglichkeit, ihre Beobachtungen hochzuladen, ihre Daten einzusehen, Muster zu erkennen, Wissen auszutauschen und zur wissenschaftlichen Forschung beizutragen, 3) maßgeschneiderte praxisorientierte Schulungsworkshops und Tutorials befähigen die Teilnehmer, neue technische Fähigkeiten zu entwickeln und anzuwenden. Der Vortrag wird auch innovative Strategien hervorheben, die eingesetzt werden, um die Bürger zu stärken, die transregionale Zusammenarbeit zu fördern und sicherzustellen, dass unterschiedliche Perspektiven die Ergebnisse des Projekts prägen.

Brüggemann, Julia; Schuppener, Saskia; Heusner, Julia & Hellmann, Helene

Barriersensible Evaluationsformate in Co-Design Prozessen in kommunaler digitaler Planungsprozessen mit Menschen mit Lernschwierigkeiten – gemeinsam gestalten und prozesshaft evaluieren

Digitale Beteiligung in raumbezogenen kommunalen Planungen wird zunehmend zu einem zentralen Instrument der kommunalen Praxis. In einem vom BMFTR geförderten Projekt DiKomAll wird an barrieresensiblen digitalen Partizipationsformaten inklusiv mit Menschen mit Lernschwierigkeiten als Expert:innen für Barrieren geforscht. Dabei arbeitet der Verbund interdisziplinär (u.a. Inklusion/Pädagogik, Planung, Geoinformatik, Community Health) und transdisziplinär (Wissenschaft, Praxis und Gesellschaft aus kommunalen Fachämtern, Planungsbüro, Wohlfahrtsverbänden und Bundeszentralen) um in vier theoretisch vielfältigen Forschungsgruppen Demonstratoren (weiter-)entwickeln. Dabei wurden eigens barriersensible Evaluationsformate für den Co-Design Prozess gemeinsam mit Expert:innen für Barrieren entwickelt und angewendet und prozesshaft evaluiert.
Abseits der einzelnen Arbeitsschwerpunkte und Fragestellungen des Projekts werden in dem Vortrag die Co-Design-Prozesse, gemeinsam entwickelte Evaluationsinstrumente sowie erste Zwischenergebnisse vorgestellt. Darüber hinaus soll diskutiert werden, welche Chancen und Herausforderungen sich in transdisziplinären Prozessen ergeben, insbesondere im Hinblick auf inklusive Forschungspraxis, institutionelle Grenzen und inter- und transdisziplinäre Kollaboration. Die theoretische Vermittlung des Co-Design-Prozesses im Vortrag wird durch das Angebot eines interaktiven Exponats zum Selbst ausprobieren vertieft und anschaulich verknüpft.

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