Abstracts

Atelier 2

Augsten, Andrea; Backhaus, Julia; Bernert, Philip; Hoff, Holger; Laborgne, Pia; Mbah, Melanie; Raich, Stefan; Rohde, Gudrun; Steglich, Anja; Stelzer, Franziska; Voß, Jan-Peter; Wanner, Matthias

World Café „Partizipation in Reallaboren: Wege zu gesellschaftlicher Transformation“

Ein Reallabor bezeichnet eine transdisziplinäre Forschungs- und Entwicklungseinrichtung, die dazu dient, in einem räumlich abgegrenzten gesellschaftlichen Kontext Nachhaltigkeitsexperimente durchzuführen, Lösungen zu erarbeiten, Transformationsprozesse anzustoßen und wissenschaftliche wie gesellschaftliche Lernprozesse zu verstetigen (vgl. Parodi et al. 2016: 16). Reallabore haben sich als bedeutende Innovations- und Beteiligungsräume etabliert, die transformative Forschung fördern und die Brücke zwischen verschiedenen (u.a. wissenschaftlichen) Wissensformen und praktischem Handeln schlagen können. Das von der Arbeitsgruppe Reallabore der GTPF organisierte World Café möchte dem Austausch zu Konzepten, Methoden und Erfahrungen zu unterschiedlichen Aspekten der Reallaborforschung einen Raum geben. An Thementischen geht es dabei um Fragen in Bezug auf ..

  1. Demokratische Gestaltung und Inklusivität von Reallaboren: Qualität und Intensität der Beteiligung sowie Erfahrungen mit Methoden hierfür.
  2. Governance-Mechanismen in Reallaboren: wer initiiert Reallabore, wer ist wie beteiligt?
  3. Co-Produktion von Wissen und Lösungen: Welche Arten/Formen des Wissens entstehen in Reallaboren und wie lassen sie sich für andere Kontexte nutzbar machen?
  4. Wie und warum integrieren und erzeugen Reallabore Soziale Innovationen und was ist deren Rolle und Potential?
  5. Gemeinsame Lernprozesse als Befähigungsleistung im Reallabor. Wege der Erprobung und Nachahmung von sozialen Praktiken vor dem Hintergrund unterschiedlicher Rollen und Ziele.
  6. Transformative Wirkung von Reallaboren und Reallaborexperimenten (vom Wissen zum Handeln).
  7. Die Umsetzung von Reallaboren als langfristigem Setting (über die üblichen Projektzyklen hinaus), das über die Veränderung und Neuinterpretation von Regeln und Ressourcen transformative Kapazitäten zur Gesellschaftsveränderung aufbauen will.

Ablauf des Workshops:
Die Dauer des Workshops beträgt 90 Minuten. Die gewählte Methode eines World Cafés erleichtert es, die o.g. Themen aus verschiedenen Perspektiven in Kleingruppen intensiv zu diskutieren und dabei neues Wissen zu erarbeiten. Nach einer kurzen Einführung zu Reallaboren und den zentralen Fragestellungen rund um die Qualität der Partizipation in Reallaboren und Reallaborprojekten stellt sich die GTPF Arbeitsgruppe kurz vor. Danach werden die einzelnen Thementische und deren Leitfragen durch die jeweiligen Gastgeber*innen eingeführt. Es folgen drei fünfzehnminütige Diskussionsrunden an den Thementischen. In einem Abschlussplenum werden die zentralen Ergebnisse der Thementische durch die jeweiligen Gastgeber*innen dargestellt und im Plenum diskutiert. Mit allen Teilnehmer*innen möchten wir dann in einer Abschlussdiskussion übergreifend erörtern, welchen Beitrag Reallabore (und verwandte Formate) zur Transformation leisten können und was zentrale „Lessons Learned“ im Hinblick auf notwendige Voraussetzungen und Rahmenbedingungen sind, um Reallabore gut und inklusiv zu gestalten und wirksame Räume für Partizipation in der transformativen Forschung zu schaffen.

Atelier 3

Tzschabran, Rabea Sorka Sophie; Opitz, Ina

Positioning: Training zur Reflexion der eigenen Positionalität

Grundsätzlich und besonders im Zuge partizipativer und transdisziplinärer Zusammenarbeit setzt eine ethische Forschungspraxis voraus, sich mit der eigenen Positionalität zu befassen. Diese ist ein Brennglas auf das Verhältnis zu weiteren beteiligten Akteur*innen, Forschungsthemen, -modi, und -ergebnisse und die Kontextualisierung von Outcomes (Holmes & Gary 2020). Positionalität ist im partizipativen und transdisziplinären Forschen bedeutsam, da die Integration der Forscher*innen und Praxispartner*innen bedingt, dass alle Beteiligten als Expert*innen und Subjekte anerkannt werden. In der Zusammenarbeit in transdisziplinären Forschungsprojekten navigieren Teammitglieder zwischen unterschiedlichen Perspektiven und Interessen die es zu integrieren gilt. Sie akkumulieren verschiedene Wertesysteme, persönliche Einstellungen und Erfahrungen (Freeth & Vilsmaier 2019). Positionalität speist sich aus unseren Privilegien, Werten und multiplen, intersektionalen sozialen Identitäten, wie politischem Standpunkt, Alter, sozialer Klasse, Religiosität, Geschlecht, Sexualität, historischem und geografischem Standort, persönlichem Lebensweg, Erfahrung von Rassismus, ethnischer Zugehörigkeit, Nationalität, Status, Behinderung und weiteren (Holmes & Gary 2020). Dabei berührt die Selbstreflexion sowohl die individuelle als auch die zwischenmenschliche Ebene der Arbeit im transdisziplinären Team (Aisling O’Boyle 2018). Kritisches Positionieren erfordert Reflexivität, die die folgenden Ebenen fokussiert: Subjektivität, selbst-soziologische Analyse und Forscher*innen-Akteur*innen-Beziehungen. Als zentrale Funktion ermöglicht die Reflexion den bewussten Umgang mit asymmetrischen Machtdynamiken sowie deren Konsequenzen in der Begegnung wissenschaftlicher und nicht-wissenschaftlicher Akteur*innen (Marguin et al. 2021). Die Reflexion der Positionalität wird somit zum Qualitätskriterium für verantwortungsbewusste, partizipative Forschung. Ihre Relevanz erstreckt sich über alle Phasen transdisziplinärer Kollaboration und beeinflusst maßgeblich die Qualität des gesamten Forschungsprozesses. Kritisches Positionieren ist zudem ein dynamischer Prozess – die Wirkung des Selbst im Forschen entfaltet sich kontextabhängig und relational. Sich verändernde Konstellationen von Forscher*innen/ Praxispartner*innen und teilweise fluide soziale Identitäten erfordern in der transdisziplinären Forschung eine stetige Neuaushandlung der sozial situierten Positionalität, die durch kontinuierliche Selbstreflexion gelingt (Marguin et al. 2021).

Im 90-minütigen Workshop „Positioning“ laden wir Teilnehmer*innen ein, sich durch individuelle und kollektive Methoden in kritischer Selbstreflexion in Bezug auf die eigene partizipative oder transdisziplinäre Forschung zu üben. Nach einem theoretischen Impuls werden Übungen angeleitet, die die Reflexion der eigenen Positionalität sowie Rolle im transdisziplinären Forschungsteam anregen. Mithilfe kreativer Zeichen- und Visualisierungsmethoden werden die eigenen Werte, persönlichen Einstellungen und sozialen Identitäten der Teilnehmer*innen erkundet und verortet. In Kleingruppen wird das Begegnen und die intentionale Bezugnahme aufeinander anhand eines Kommunikationsleitfadens geübt. Der Workshop möchte als safer space dienen, um Teilnehmer*innen zu ermutigen, ihre Erkenntnisse über sich selbst miteinander zu teilen. Ziel ist es, praktische und methodengeleitete Beiträge zur Erarbeitung von Leitlinien für das Positionieren in der transdisziplinären Forschung zu leisten.

Atelier 4

Semrau, Jana; Theiler, Lena; Acksel, Britta; Fischer, Florian

Wissenschaftliche Wirkungen im Fokus: Kartierung und Reflexion transdisziplinärer und partizipativer Forschung

Die wissenschaftlichen Wirkungen transdisziplinärer und partizipativer Forschung sind oft unklar und wenig expliziert, obwohl sie einen zentralen Anspruch dieser Ansätze darstellen. Das herkömmliche Verständnis wissenschaftlicher Wirkungen als Impact, gemessen u.a. durch Zitationen, wird übereinstimmend als zu eng und unzureichend für transdisziplinäre und partizipative Forschung bewertet (z.B. Krainer and Winiwarter 2016, Allweiss et al. 2021). Gleichzeitig gibt es bislang kaum Ansätze, welche die diversen wissenschaftlichen Wirkungen dieser Art von Forschung systematisieren und damit sichtbar machen (z.B. Rau et al. 2018, Marg und Theiler 2023). Innerhalb der AG Wirkungen der Gesellschaft für transdisziplinäre und partizipative Forschung (GTPF) hat sich daher eine Untergruppe formiert, die ein gemeinsames Verständnis wissenschaftlicher Wirkungen entwickeln will. Diese interdisziplinär zusammengesetzte Gruppe schöpft aus Forschungserfahrungen in der transdisziplinären Nachhaltigkeitsforschung, Gesundheitsförderungsforschung, Public Health, partizipativen Gesundheitsforschung, Bürger:innenbeteiligung, partizipativen Technikfolgenabschätzung sowie Science and Technology Studies. Basierend auf der eigenen Forschungspraxis entwickelt die Gruppe derzeit eine Landkarte wissenschaftlicher Wirkungen der transdisziplinären und partizipativen Forschung, die den Status Quo in unterschiedlichen Communities und Forschungsfeldern abbildet. Diese Kartierung soll einerseits zur Begriffsschärfung beitragen und andererseits eine Reflexion der eigenen Forschungspraxis fördern. Ziel des Workshops im Rahmen der PartWiss 2024 ist es, das in der Untergruppe der AG Wirkungen der GTPF entwickelte Produkt einem breiten Kreis transdisziplinär und partizipativ Forschenden zugänglich zu machen. Die Landkarte wissenschaftlicher Wirkungen soll vorgestellt, diskutiert und mit den vielfältigen Erfahrungen der Teilnehmenden erweitert und angepasst werden. Die Beiträge der Teilnehmenden werden nach dem Workshop konsolidiert und in das finale Produkt integriert. Neben dem inhaltlichen Ziel fördert dieser Workshop auch den Wissensaustausch zwischen unterschiedlichen Communities zu den wissenschaftlichen Wirkungen transdisziplinärer und partizipativer Forschung. Der Workshop dauert 90 Minuten und beginnt mit einer kurzen Vorstellung der Gruppe und deren Arbeitsweise, gefolgt von der Präsentation der bisher erarbeiteten Landkarte. In moderierten Kleingruppen diskutieren, ergänzen und validieren die Teilnehmenden die präsentierten Inhalte (z.B. mit der Think-Pair-Share-Methode). Die Ergebnisse werden dokumentiert. Zum Abschluss treffen sich die Kleingruppen im Plenum zu einer übergreifenden Reflexion. Insgesamt bietet dieser Workshop im Rahmen der PartWiss 2024 eine sehr gute Möglichkeit, das konzeptionelle Verständnis wissenschaftlicher Wirkungen transdisziplinärer und partizipativer Forschung weiterzuentwickeln sowie die Potenziale dieses Themas in verschiedenen Communities und Forschungsfeldern in den Fokus zu stellen.

Atelier 5

Jossin, Jasmin; Beecroft, Richard; Voigt, Annette; Godlewsky, Tanja

Urbane Xtopien: Ein neuer Ansatz für ein partizipatives Futuring

Die Zukunft wird oft in Expert*innen-Kreisen verhandelt. Allerdings erfordern pluralistische Zukünfte neue Fähigkeiten für eine partizipative Art des Futuring, auch um sie multiperspektivisch bewerten zu können. Zwar zielen viele partizipative und transdisziplinäre Formate darauf ab, nachhaltigere Zukunftsvorstellungen im Diskurs zu positionieren und letztlich zu realisieren. Dabei werden diese aber oft auf stereotype, entweder scheinbar eindeutig positive oder negative Utopien, reduziert und Ambivalenzen sowie widersprüchliche Bewertungen negiert. Daher haben wir im Rahmen eines transdisziplinären und transformativen Forschungsprojekts das Konzept der Xtopie entwickelt, das auf unterschiedliche Transformations-Themen angewandt werden kann. Xtopien erleichtern Menschen den mentalen und emotionalen Zugang zu verschiedenen Zukünften, in dem sie eine inhaltliche und eine methodische Seite verbinden: Der Inhalt besteht aus zum Nachdenken anregenden (utopisch- dystopisch ambivalenten) Ideen, die in einem passenden interaktiven und partizipativen Format transportiert werden. Aus dem Projekt ist eine Toolbox hervorgegangen, die Elemente des systemischen Denkens, der politischen Aushandlung und des kreativen Imaginierens verbindet. Im Ausprobieren von drei Tools lernen die Workshop-Teilnehmer*innen den xtopischen Ansatz praxisnah kennen und diskutieren die Nutzungsmöglichkeiten im Kontext partizipativer und transdisziplinärer Prozesse. Anhand eines Canvasing-Tools führen wir zudem in die Konzeption eigener Xtopien ein. Der Workshop richtet sich an transdisziplinär und transformativ wirkende Wissenschaftler*innen, Moderator*innen und Mediator*innen, Change Agents und Zukunftsgestalter*innen.

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