Zeit:
Freitag, 06.12.2024
10:00 – 11:30 Uhr
Closed Panels 3
Kuppelsaal
Mewes, Julie Sascia; Baum, Franziska; Bischof, Andreas; Göbel, Claudia; Backhaus, Julia; Rohde, Gudrun; John, Stefan; Vasilyeva, Zinaida; Albiez, Marius; Laborgne, Pia; Sayman, Volkan; Guagnin, Daniel; Schulte-Römer, Nona
part_sts — Methodische Chancen und Herausforderungen partizipativer Forschungsansätze in und für die science and technology studies I
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Atelier 2
Wöhlke, Sabine; Schicktanz, Silke; Nadler, Paula; Duda, Thomas
Anforderungen an eine gelingende partizipative Gesundheitsforschung: Chancen und Herausforderungen aus Patient:innen-Perspektive
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Atelier 3
Meyer, Kathrin; Mahve-Beydokhti, Mathieu; Stoffers, Nadjeschda; Wojczewski, Silvia; Durisova, Simona; Schretter, Lukas; Mara, Martina; Arth, Lara
Wirkung von partizipativen Projekten – von Anfang an mitgedacht
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Atelier 4
Kaiser, Simone; Großklaus, Mathias; Sennewald, Nicola; Kalmbach, Karena
Vom Misstrauen zur Mitgestaltung: Zur neuen Aktualität partizipativer Forschung als Wegbereiter für Innovation und Transformation
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Abstracts
Kuppelsaal
Mewes, Julie Sascia; Baum, Franziska; Bischof, Andreas; Göbel, Claudia; Backhaus, Julia; Rohde, Gudrun; John, Stefan; Vasilyeva, Zinaida; Albiez, Marius; Laborgne, Pia; Sayman, Volkan; Guagnin, Daniel; Schulte-Römer, Nona
part_sts — Methodische Chancen und Herausforderungen partizipativer Forschungsansätze in und für die science and technology studies I
Ziel des Panels ist es, einen Überblick über die Vielfalt und die Reflexion partizipativer Forschungsansätze und -methoden innerhalb der science and technology studies (sts) zu geben. sts sind ein inter- und transdisziplinäres Forschungsfeld, das die Entstehung, Entwicklung und Folgen von Wissenschaft, Innovation und Technologie in ihrem historischen, kulturellen und sozialen Kontext untersucht und sich häufig als inhärent gesellschaftspolitisch oder sozial engagiert versteht. Obwohl in den sts seit jeher eine Vielzahl partizipativer Forschungsansätze zum Einsatz kommt, sind jene sts-Forscher:innen, die sich explizit als Teil einer Fachcommunity der partizipativen Wissenschaften verstehen, mindestens in der deutschsprachigen Community selten und untereinander wenig vernetzt. Dabei bieten geteilte Herausforderungen und Interessen der partizipativen sts (part_sts) ein großes Potenzial für intensiveren Wissensaustausch, Vernetzung und Kooperation. Hier setzt das Panel an: In zwei Sessions werden verschiedene und artverwandte Strömungen der partizipativen sts – in partizipativem Design, ‘Citizen Science Studies’, Wirkungsforschung, Stadt- und Reallaborforschung und Technikfolgenabschätzung – in insgesamt sieben Vorträgen vorgestellt und diskutiert.
Die erste Session des Panels besteht aus vier Vorträgen:
Vortrag 1 Julia Backhaus, Gudrun Rohde & Stefan John reflektieren, basierend auf 50 leitfadengestützten Interviews mit Reallabor- Leitenden oder -Forschenden, partizipative Formate und Methoden in verschiedenen Arten von Reallaboren. Neben der reinen Öffentlichkeitsarbeit im Sinne von Wissenschaftskommunikation und der Tendenz zur Instrumentalisierung von Partizipation lässt sich in vielen
Reallaboren auch eine breite öffentliche Deliberation oder Technologiebewertung feststellen.
Vortrag 2 Claudia Göbel schaut auf Grenzarbeit zwischen sts und Citizen Science. sts-Forscher*innen beteiligen sich auf vielfältige Weise an Citizen-Science-Projekten und der Institutionalisierung des Ansatzes. Allerdings wird das kaum diskutiert. Gleichzeitig reflektieren Citizen-Science-Praktiker*innen Wissenschaft, Gesellschaft und sich selbst, auch ohne sts. Ein Blick auf die Methoden dieser Grenzarbeiten verspricht Anregungen für beide – und part_sts.
Vortrag 3 Volkan Sayman & Daniel Guagnin Das Paradigma der Ko-Kreation vereint unterschiedliche normative und funktionale Bezüge der STS-Forschung eher assoziativ als auf einer intersubjektiv geteilten, definitorischen Ebene: u.a. in Bezug auf die Partizipation von Bürger:innen an Forschung. Im Folgenden wird das Paradigma mit „ko-kreativer“ Praxis aus laufenden Projekten partizipativer Forschung kontrastiert und der Gehalt des Paradigmas kritisch hinterfragt.
Vortrag 4 Nona Schulte-Römer stellt partizipative Forschung zur Bewertung und Wahrnehmung möglicher Umweltrisiken durch elektromagnetische Strahlung (Elektrosmog und Lichtverschmutzung) vor. Die sehr unterschiedlichen Erfahrungen aus zwei Projekten werfen Fragen nach den Grenzen von Wissenschaft und Wissenschaftlichkeit auf und stellen STS-Grundannahmen produktiv auf die Probe.
Atelier 2
Wöhlke, Sabine; Schicktanz, Silke; Nadler, Paula; Duda, Thomas
Anforderungen an eine gelingende partizipative Gesundheitsforschung: Chancen und Perspektiven aus Patient:innen-Perspektive
Hintergrund: Partizipative Ansätze in der Gesundheitsforschung gewinnen an Bedeutung, da sie Patient*innen stärker in den Forschungsprozess einbinden und deren Bedürfnisse berücksichtigen. Patientenorganisationen (PO) sind für die Wissenschaft hierbei relevante Akteure, um partizipative Forschung umzusetzen. Trotz dieser Entwicklungen fehlen oft klare Leitlinien und Qualitätskriterien, um eine konsistente und effektive Beteiligung sicherzustellen. Verschiedene Forschungsnetzwerke haben bereits unterschiedliche Empfehlungen entwickelt, die auf konkrete partizipative Projekte angepasst werden müssen. Neuere Forschungsrahmenbedingungen in Deutschland und Europa fordern eine Integration von Patient:innendaten (z.B. PROMS), was zusätzliche Herausforderungen mit sich bringt.
Ziele: Das Forschungsprojekt PANDORA „Patient*innenzentrierte Digitalisierung“ führe im Juni 2024 eine Stakeholder-Konferenz (SK) mit deutschen PO zur Erstellung eines Positionspapiers durch. Ziel ist es, die Perspektive der Patient*innen im wissenschaftspolitischen Diskurs der digitalen Gesundheitsforschung einzubringen und zu stärken. Aus diesem Prozess sollen zentrale Handlungsempfehlungen abgeleitet werden, die für bereits bestehende Leitlinien in der Forschungspraxis Berücksichtigung finden sollten.
Methoden: Ein interaktiver Diskursprozess vor und während einer SK im Juni 2024 bildet die Grundlage für die Erstellung eines Positionspapiers. Vor der SK wurden Stellungnahmen von allen PO/SHO zu den Kernthemen: Datensammlung, Sekundärdatennutzung, breite Zustimmung und aktive Mitgestaltung der digitalen Gesundheitsforschung, eingeholt. Aus den 40 eingegangenen Stellungnahmen wurden die Kernthemen geclustert. Basierend darauf fand eine 2-tägige moderierte SK statt. Ein Positionspapierentwurf wurde von den Teilnehmenden erarbeitet in den kommenden Woche finalisiert und von allen PO gezeichnet. Das finale Positionspapier wird im November 2024 politischen Entscheidungsträger*innen und der Öffentlichkeit präsentiert.
Panel-Teilnehmende und Perspektiven: Das Panel wird von Prof. Sabine Wöhlke und Prof. Silke Schicktanz geleitet und umfasst Beiträge von Paula Nadler (MA) sowie Thomas Duda (Stiftung Pro Retina). Diese werden die SK aus wissenschaftlicher, organisatorischer und
Patient*innensicht vorstellen.
Ergebnisse: Der Diskursprozess verdeutlicht die praktische Umsetzung ethischer Überlegungen und dessen Übertragung in praxisnahe Forderungen. Die Ergebnisse zeigen unterschiedliche Perspektiven zu ethischen Fragen der Datennutzung, Zustimmung und Mitgestaltung, mit Schwerpunkt auf Patient*innenautonomie, Datenschutz und gleichberechtigtem Zugang.
Diskussion: Im Panel werden zentrale Handlungsempfehlungen der PO/SHO vorgestellt und aus unterschiedlichen Perspektiven zur Diskussion gestellt. Dabei soll auch auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen bereits existierenden Leitlinien sowie ihrer Umsetzbarkeit in der Forschungspraxis eingegangen werden. Evaluationskriterien sowie Methoden der Wirkungsforschung, können zukünftig helfen, Partizipationsprozesse zu verbessern.
Schlussfolgerung: Die erfolgreiche Umsetzung einer SK zeigt, wie PO/SHO aktiv an der Formulierung und Umsetzung ethischer Richtlinien für die partizipative Gesundheitsforschung beteiligt werden können. Dies unterstreicht die Notwendigkeit eines integrativen Ansatzes und liefert ein Modell dafür, wie ethische Normen und Werte in die Forschung integriert werden können.
Atelier 3
Meyer, Kathrin; Mahve-Beydokhti, Mathieu; Stoffers, Nadjeschda; Wojczewski, Silvia; Durisova, Simona; Schretter, Lukas; Mara, Martina; Arth, Lara
Wirkung von partizipativen Projekten – von Anfang an mitgedacht
Partizipation in der Wissenschaft ist ein – den Konferenzbeteiligten hinlänglich bekanntes – Mittel, um Wirkung in der Gesellschaft zu erzielen. Wie diese Wirkung aussieht, wie sie erkannt und gemessen werden kann, welche Pfade dorthin führen sollen und welche Funktion Partizipation dabei hat, gilt es bereits zu Beginn eines Projekts zu bedenken. Die Definition von Qualitätskriterien, Maßnahmen und Wirkungspfaden ermöglicht es, das Projekt während der Umsetzung kontinuierlich zu reflektieren. Dies ist insbesondere bei partizipativen Projekten wichtig, bei denen die Ergebnisse im Laufe des Projekts mit allen Beteiligten erarbeitet werden. Die „OIS Wirkungslogik“ der Ludwig Boltzmann Gesellschaft bietet dafür partizipativen Forschungsprojekten Leitlinien und Werkzeuge an, um (angestrebte) Wirkung der Einbindung von Bürger:innen zu planen und zu erkennen. Den Einstieg ins Panel bildet ein Kurzvortrag zu Hintergrund, Theorie und Methode der OIS Wirkungstools. Einblicke in drei inhaltlich sehr diverse partizipative Forschungsprojekte (Mensch-Technik-Interaktion, Geschichtswissenschaft und Public Health) liefern Praxisbeispiele dieser Herangehensweise. Alle drei Projekte arbeiteten mit einer „Theory of Change“, um Wirkungspfade zu definieren und iterativ zu reflektieren. Zu allen drei Projekten entsteht ein abschließender „Impact Case“. Die Projekte unterscheiden sich hinsichtlich Zielgruppen, Methoden und angestrebter Wirkungsbreite, was jeweils eigene Anpassungen der Werkzeuge erforderte. In einer zusammenfassenden Diskussionsrunde werden die Nutzung der Werkzeuge in den verschiedenen Projekten verglichen und Herausforderungen bei der Anwendung aufgezeigt. Anmerkungen und Fragen aus dem Publikum sind hierbei zur weiteren kritischen Diskussion der Herangehensweise sehr willkommen. Ziel des Panels ist es, Möglichkeiten zur Planung und fortlaufenden Reflexion von Wirkung vorzustellen sowie diese anhand der projektspezifischen Anforderungen zu diskutieren, um unsere Praxiserfahrung für die Entwicklung gemeinsamer Leitlinien beizutragen.
Ablauf:
Einstiegsvortrag zu Wirkungs-Planung, -Erhebung, -Kommunikation in partizipativen Projekten:
- Mathieu Mahve-Beydokhti, LBG Open Innovation in Science Center, Programm-Manager Impact
Kurzvorträge zu Anwendungsbeispielen:
- Kathrin Meyer, Johannes Kepler Universität Linz, LIT Robopsychology Lab, Projekt „How to explain AI“: Gemeinsam mit 20 Citizen Scientists, Künstler:innen und KI-Expert:innen wurden drängende Fragen zu Künstlicher Intelligenz gesammelt und als kreative Beantwortung dieser ein Song entwickelt.
- Nadjeschda Stoffers, Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgenforschung, Projekt „MEMORY LAB. Partizipative Forschung zum Lebensborn-Heim Wienerwald, 1938-1945“: Gemeinsam mit Co-Forscher:innen, die unterschiedliche persönliche Bezüge zu dem Mütterheim des SS-Vereins “Lebensborn” in Feichtenbach/Niederösterreich haben, fand eine Auseinandersetzung mit der Geschichte des Heimes statt.
- Silvia Wojczewski und Simona Durisova, Med Uni Wien, Center for Public Health, Caring Communities for Future Lab, Projekt „MigraCare“: Mit einem transdisziplinären Team werden Möglichkeiten geschaffen, damit migrantische “24h”-Personenbetreuer:innen sich besser in formelle und informelle Pflegenetzwerke in Österreich einbringen können.
Diskussionsrunde
Atelier 4
Kaiser, Simone; Großklaus, Mathias; Sennewald, Nicola; Kalmbach, Karena
Vom Misstrauen zur Mitgestaltung: Zur neuen Aktualität partizipativer Forschung als Wegbereiter für Innovation und Transformation
Technologische Innovationen und Transformationsprozesse werden von „der Gesellschaft“ nicht immer nur positiv aufgenommen. Sie rufen bei manchen Menschen auch Skepsis, Sorge und Ängste hervor. Dies ist kein neues Phänomen. Angesichts einer sich zunehmend polarisierenden öffentlichen Debatte besteht jedoch die Gefahr, dass Forscher:innen und Forschungsmittelgeber:innen vor der Einbeziehung von Bürger:innen zurückschrecken. Für die demokratische Gestaltung wichtiger Zukunftsfelder ist dies eine relevante Herausforderung: Die Potenziale von Partizipation für Mitbestimmung, Ergebnisqualität, Legitimität und letztendlich auch Akzeptanz werden nicht genutzt.
- In diesem interaktiven Panel wollen wir aus verschiedenen Technologie- und Anwendungsfeldern sowie aus verschiedenen organisationalen Perspektiven heraus aktuelle Erfahrungen und Learnings zu partizipativer Innovationsgestaltung bündeln und diskutieren. Dabei ist es uns wichtig, die Erfahrungen und Learnings partizipativ arbeitender Forscher:innen in den Mittelpunkt zu rücken. Mit diesem anwendungsorientierten Blick wollen wir angesichts einer aktuell an vielen Stellen polarisierten und polarisierend geführten öffentlichen Debatte, folgenden Fragen nachgehen:
- Hat sich der Rahmen für partizipative Forschung verändert? Wenn ja inwiefern?
- Wie können Forscher:innen – auch und gerade in kontroversen Transformationsfeldern – motiviert werden, (weiter) partizipativ zu arbeiten?
- Welche Prozesse, Formate und Methoden sind geeignet, um vom Misstrauen zur Mitgestaltung zu kommen? Wie erreichen wir insbesondere auch Zielgruppen und Communities, deren Skepsis besonders ausgeprägt ist und/oder die noch wenig gehört werden?
- Was wissen wir bereits über die Wirkung solcher Formate? Wie kann die Wirkung weiter gemessen und belegt werden?
Der Fokus liegt dabei auf Lösungsansätzen und Learnings für die Umsetzung von partizipativen Forschungsprojekten in gesellschaftlich kontrovers diskutierten Transformationsfeldern. Das interaktive und praxisorientierte Panel soll eröffnet werden durch Kurzimpulse der Panelist:innen (3 zugespitzte Thesen/Erfahrungen der Panelist:innen zu den o.g. Fragen). Anschließend folgt eine moderierte Fishbowl-Diskussion, in der die Panelist:innen gemeinsam mit Teilnehmenden des Panels diskutieren.
Panelist:innen (alphabetisch):
Dr. Mathias Großklaus, Innovation Lead Partizipative Governance bei Agora Digitale Transformation, bringt theoretische und praktische Perspektiven aus der partizipativen Gestaltung von Regierungs- und Verwaltungshandeln jenseits herkömmlicher Beteiligungsverfahren ein.
Simone Kaiser, Leiterin des Centers for Responsible Research and Innovation (CeRRI) des Fraunhofer IAO diskutiert empirische Ergebnisse aus partizipativen Forschungsprojekten zur Entwicklung und Anwendung von grünen Wasserstofftechnologien.
Dr. Nicola Sennewald, Strategische Hochschulentwicklung und Geschäftsleitung der HM:UniverCity teilt Erkenntnisse aus einem europäischen Leuchtturmprojekt zur partizipativen Gestaltung von inklusiven, umweltgerechten und zukunftsfähigen Stadtteilen
Dr. Anna Schieben (angefragt) – DLR e.V., Konsortialleitung für das 5G-Reallabor in der Mobilitätsregion Braunschweig-Wolfsburg; Urlaubsbedingt steht die Rückmeldung noch aus.